Zwischen Sommer und Winter

Sommergefühle

Unsere Blicke treffen sich im Rückspiegel. Das Versprechen eines Frühsommers, das ich nicht halten kann. Ich habe das Gefühl du weißt das bereits. Dein Blick bleibt ernst, während deine tiefe Stimme lacht. Ich öffne das Kurbelfenster und lasse die Hand in Wellenbewegungen gegen den Wind treiben. Dich zu mögen ist einfach, weil ich, sollte ich es irgendwann nicht mehr tun, nicht diejenige sein werde, der es am meisten weh tut. Denn ich bewahre immer noch einen letzten Meter Distanz, einen letzten Meter ungeklärten Beziehungsstatus, ein letztes bisschen Offenheit für Neues und Andere. Je weniger du ein Geheimnis daraus machst, dass du mich magst, umso schwieriger wird es vor mir zu verstecken, wie wenig ich mich durch deine Augen sehen kann. Und diese Erkenntnis ist schmerzvoller als gedacht. Vielleicht sogar so schmerzvoll, dass ich mich deshalb nie ganz für dich entscheiden kann. Mein Blick bleibt an der vorbeiziehenden Landschaft kleben, sodass die Augen im Sekundentakt von links nach rechts tanzen. Deiner ruht noch immer auf mir und ich frage mich, ob du sehen kannst woran ich gerade denke.

 

Wintergefühle

Ich drehe mich auf deinem Schreibtischstuhl und hoffe auf dieses leicht benommene Gefühl, das man bekommt wenn man im Sommer zu lange in der Sonne gesessen hat. Dieses Gefühl, dass schon alles irgendwie wieder werden wird oder doch gar nicht so schlimm ist. Denn die Sonne scheint. Die Menschen lachen. Doch heute scheint keine Sonne und keiner von uns beiden lacht. Anstatt einer angenehmen Benommenheit verliere ich mich zwischen den Umdrehungen. Wir sprechen es nicht aus, aber irgendetwas stimmt nicht. Ich drehe mich noch einmal um meine eigene Achse als würde das die Gedanken abschütteln können. Stehe auf und gehe einen unsicheren Schritt auf dich zu. Doch du weichst mir kaum merklich unter einem Vorwand aus, den ich dir nicht mal als Distanz vorwerfen kann.

 

Irgendwo zwischen den Jahreszeiten

U2. Eine Playlist mit den Lieblingssongs von jemand anderem. Das erste Mal wieder. Zwischen den Liedern ein Gedanke an Nähe, vor der ich noch zurückschrecke. Die ich in Gedanken zwinge langsamer zu entstehen. Ein Herauszögern der Entscheidung – dafür  oder dagegen. Ich vermisse etwas, was ich nicht benennen kann. Niemanden bestimmtes. Nur ein Gefühl. Eine Art Sorglosigkeit, Furchtlosigkeit, Freiheit im Fühlen und Handeln. Aber vielleicht vermisse ich es auch nur weil wieder Sommer wird. Und weil der Sommer immer weniger weh tut als der Winter danach.

Die Sonne blendet, als ich die letzten Stufen des Ausgangs in Zweierschritten nehme. Es ist seltsam befreiend auf beiden Seiten gestanden zu haben. Die, für die es nicht zu mehr gereicht hat. Und die, die mehr wollte als das, zu dem es gereicht hat. Mit dem Sommer den Winter verstehen. Aber deswegen nicht besser frieren können. Sondern vielleicht sogar noch mehr. Ich blinzele der Sonne entgegen. Kühle 18 Grad, die so gar nicht dem Sommer entsprechen wollen, den wir erwartet hatten. Bewege mich irgendwo zwischen Mut und Komfortzone, zwischen Festlegung und Unabhängigkeit. Irgendwo zwischen Sommer und Winter.

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